Reutlingen und die Welt

ZEIT-Journalist Wolfgang Bauer berichtet von seinen Reportagereisen in Krisenregionen

Foto: Michael Würz/Zollern-Alb-Kurier

Mehrere Wochen Arbeit investiert Wolfgang Bauer in seine Reportagen, für die er in krisengebeutelten Regionen unterwegs ist, etwa in Libyen, Syrien und zuletzt im Sudan. Dem ZEIT-Reporter sind die Menschen wichtig, die er dort trifft. Er möchte ganzheitlich von ihnen berichten – von den leidvollen, aber auch von den glücklichen Momenten. Am 14. Juli 2019 erzählte er bei unserer Matinee im voll besetzten Café Cé La Vie von seiner Arbeit.

»Wie ist es als Journalist, wenn man in Kriegsgebiete fährt?«, erkundigt sich ein Zuhörer. »Steht man dann unter besonderem Schutz?« Es gebe zwar die Genfer Konventionen, sagt Wolfgang Bauer, aber tatsächlich werde es in den Zeiten der neuen Medien immer schwieriger, in diesen Ländern zu recherchieren. 70 bis 80 Prozent seiner Energie müsse er bei solchen Reisen in die Logistik, in Sicherheitsmaßnahmen investieren.

Das Foto von Wolfgang Bauer am Laptop wurde während der gesamten Matinee gezeigt. Es ist im Jahr 2013 entstanden und zeigt den ZEIT-Reporter im Hauptquartier der Freien Syrischen Armee. Zwei Monate später wurde das Quartier von der Terrorgruppe »Islamischer Staat« (IS) überrannt.

Ewige Konflikte?

Marita Linder-Schick von der Volkshochschule Balingen interviewt Wolfgang Bauer. Sie möchte wissen, ob es aus seiner Sicht noch eine Lösung für den Konflikt in Syrien gebe. Wolfgang Bauer antwortet mit einer Rückschau und weist auf eine letzte verpasste Chance im Jahr 2013 hin: Durch die Einrichtung einer Flugverbotszone hätte man damals eine Fluchtbewegung in einem solchen Ausmaß und ein Erstarken des IS verhindern können.

Was für ein Privileg, in einem westlichen Land geboren zu sein, könnte man denken. Doch Wolfgang Bauer ist diese Betrachtungsweise zu undifferenziert, auch hier gebe es Krisen und Leid.

»Zwar haben wir manche Sorge weniger als Menschen in Syrien, aber auch manche Sorge mehr.«

Während in Krisengebieten ein starker Zusammenhalt innerhalb einer weit gefassten Großfamilie spürbar sei, erlebten Menschen in unseren Breiten oft eine starke Vereinzelung und emotionale Armut. Applaus aus dem Publikum. Wolfgang Bauers Worte stoßen bei den Zuhörern auf Resonanz, das ist deutlich spürbar.

Die eigene Verantwortung wahrnehmen

»Was können wir hier tun, um den Menschen in Krisengebieten zu helfen?«, lautet eine weitere Frage aus dem Publikum. Mehr Informationen einholen und einfordern, rät Wolfgang Bauer. Wir würden uns hier nur sehr oberflächlich für die Ursachen der Konflikte interessieren. Wenn es eine Mission gebe auf seinen Reportagereisen, so Wolfgang Bauer, dann sei es, das zu ändern, die »ewige Nabelschau« der deutschen Gesellschaft zu öffnen. Der ZEIT-Reporter nimmt in diesem Zusammenhang auch die deutsche Außenpolitik in die Pflicht: »Auch wir haben sicherheitspolitische Interessen. Das dürfen wir nicht den USA überlassen.«

Zum Weiterlesen:

Wolfgang Bauer im Interview

 

Text: Sophia Zöfel

Dieser Beitrag stammt von:

Miriam Muschkowski

Miriam Muschkowski ist freie Mitarbeiterin bei der vhs Balingen und gehört zum Social-Media-Team der #wppbl. Als Balinger Gewächs ist sie in der Region bestens vernetzt.

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